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Vorversuch | ||||
In der zwölften
Jahrgangsstufe wird die in einer Spule induzierte Selbstinduktionsspannung
als Uind = -L dI/dt behandelt. Es lohnt sich näher auf die
Wirkung der Konstante L auf die Induktionsspannung einzugehen, da sie bei
in der induktiven Sensorik die Hauptrolle spielt. Dass sich die
Induktivität einer Spule durch Einbringen eines Ferritkerns ändert, kann
man mit dem Versuch aus Abb. 72 zeigen. Dazu wurden hier zwei Spulen mit
800 Windungen bei einigen Volt Wechselspannung in Serie geschaltet (rote
Kabel), die sich zu einer Spule mit 1600 Windungen addieren, mit einem
Eisenkern durchfahren. Man kann natürlich auch nur eine Spule nehmen, will
man aber zum Differenzspulensensor übergehen, ist der Schritt von zwei
Spulen zur Brückenschaltung nicht mehr all zu groß. Um den Eisenkern von
außen bewegen zu können, nimmt man am besten Eisennägel ohne Köpfe oder
sägt diese ab, so dass man einen Kern einheitlicher Länge (z.B. 8 cm)
erhält. Die Nägel befestigt man (z.B. mit Klebestreifen) nebeneinander auf
dem Umfang eines Holzstabs (vgl. Abb. 72 Vordergrund). Man markiert sich
eine Stelle auf dem Stab, durchfährt die Spule und bestimmt den Ort des
Stabes mit Hilfe eines Lineals. Zu jedem Ort notiert man sich den
Spannungswert, den man am Voltmeter über der Spule abgreift (blaue Kabel).
In Abhängigkeit vom Ort erhält man den rechts in Abb. 72 zu sehenden
Spannungsverlauf. Wie in Kapitel III, 1.2.4 bereits erwähnt ist dieser
Spannungsverlauf stark nichtlinear. | ||||
Differenzspulensensor | ||||
Am Verlauf des Vorversuchs erkennen die Schüler das Problem der Nichtlinearität, und dass diese Anordnung somit schlecht für sensorische Erfassung geeignet ist. Im lehrergeleiteten Unterricht erfahren die Schüler nun die Vorzüge der Parallelstruktur. Die mathematischen Voraussetzungen reichen aus, um das Prinzip am Rechenbeispiel aus Kapitel III, 1.2.1 zu veranschaulichen. Als Anwendungsbeispiel der Parallelstruktur wird der Differenzspulensensor am Beispiel der invasiven Blutdruckmessung mit einer Halbbrückenschaltung am Schaltbild nach Abb. 51 besprochen und aufgebaut. Die Spannungsteilerregel und die Wheatstone-Brücke sind aus der 10. Jahrgangsstufe bekannt. Die lineare Abhängigkeit zwischen Brückenspannung und Wegänderung wird gemeinsam mit dem Lehrer rechnerisch nachgewiesen (vgl. Kapitel III, 1.2.4). Danach wird die Schaltung aufgebaut und die Kennlinie der Brückenspannung in Abhängigkeit von der Ankerstellung aufgenommen. In Abb. 73 ist der Versuchaufbau fotografiert und daneben die Kennlinie des Differenzspulensensors aufgetragen. |
Abb. 51: Induktive | |||
Der Versuch wurde bei niedriger Wechselspannung (einige Volt) durchgeführt. In die Brücke waren zwei Induktivitäten mit 800 Windungen (Länge 4 cm, 8 W) und zwei Widerstände mit je 10 W eingebaut. Die Brückenspannung (blaue Kabel) wurde beim Durchlaufen des Kerns durch die Spulen mit einem Digitalvoltmeter erfasst, woraus sich die Kennlinie (Abb. 73 rechts) ergab. Wie erwartet ergibt sich eine lineare Abhängigkeit der Brückenspannung von der Auslenkung in einem weiten Bereich um die Mittelstellung. In Mittelstellung des Kerns zwischen den Spulen ist die Brückenspannung Null. Da die Wechselspannungsmessgeräte nur Effektivwerte ausgeben, ist der Betrag der Brückenspannung zu sehen. Um die Richtung der Auslenkung am Vorzeichen ablesen zu können, müsste das Signal noch phasenselektiv gleichgerichtet werden. Das Lernziel dieses Versuches ist es also eine technische Linearisierungsmethode (Parallelstruktur) bei der Messwertaufnahme an einem Anwendungsbeispiel kennen zu lernen. Das im Lehrplan vorgesehene Prinzip der Selbstinduktion und Induktivität hat somit eine weitere Anwendung gefunden. | ||||
Differentialtransformator | ||||
Als Weiterführung ist es
denkbar, auch noch den Differentialtransformator zu behandeln. Durch die
entgegengesetzte Schaltung der Sekundärspulen ergibt sich die für die
Parallelstruktur nötige Differenzbildung von selbst. Die Brücke entfällt.
Den Schülern ist durch das Rechenbeispiel zur Parallelstruktur bewusst, dass
zur Linearisierung des Sensorausgangssignals eine Differenzbildung zwischen
zwei gegensinnig wirkenden Sensoren notwendig ist. Den Subtraktionseffekt,
der durch entgegengesetzte Reihenschaltung der Spulen erreicht wird, könnte
man sich mit einem Analogieexperiment mit Hilfe von zwei Batterien
überlegen. Hält man zwei Batterien mit gleicher Klemmspannung (vorher
prüfen) an zwei gleichen Polen aneinander und schließt die anderen zwei Pole
kurz, so subtrahieren sich die Spannungen zu Null. Dieser Fall entspricht
der symmetrischen Kernsstellung. Ist eine der beiden Batterien schwächer als
die andere, so lässt sich eine Differenzspannung messen, wie im Fall der
Auslenkung des Kerns aus der Mittellage. Abb. 74 zeigt den entsprechenden
Versuchsaufbau in Anlehnung an die Schaltskizze in Abb. 53 und den zu
erwartenden linearen Kennlinienverlauf (Betrag) um die Kernmittelstellung.
Die Sekundärspulen (800 Windungen) sind hier allerdings nicht auf einen
gemeinsamen Spulenkörper mit der Primärspule wie in Abb. 53 gewickelt,
sondern links und rechts von der Primärspule (400 Windungen) aufgestellt und
durch das blaue Kabel gegensätzlich in Reihe geschaltet. Die
Differenzspannung wird über die roten Kabel abgegriffen. Die
Speisewechselspannung (grüne Kabel) betrug wieder einige Volt. | ||||
| Prof. Dr. Thomas Wilhelm, Institut für
Didaktik der Physik, Universität Frankfurt,
Max-von-Laue-Str. 1, 60438 Frankfurt am Main | | vorher: Didaktik der Physik, Universität Augsburg | | ehemals: Lehrstuhl für Physik und ihre Didaktik, Universität Würzburg | |